88 Der Jungbrunnen

Viele, viele Menschen haben intensiv nach ihm gesucht. Sie haben viel Zeit, viele Gedanken und viel Geld aufgewendet, um ihn endlich zu finden. Sie waren bei Chirurgen, bei Designern, bei Friseuren, bei Gelehrten, bei Wunderheilern und Wahrsagern. Sie haben voller Hoffnung Fernreisen in fremde Länder und Kulturen gemacht. Sie waren pilgern, fasten und probierten die ein oder andere Wunderpille oder Wundercreme aus. Dabei konnten nur sehr wenige von ihnen so im Außen wirklich ihren persönlichen Jungbrunnen, also die Quelle der ewigen Jugend, finden. Die meisten suchten fortan mit weniger Hoffnung und mehr Verzweiflung weiter.

Ganz zufällig konnte ich ihn kürzlich finden, den sagenumwobenen Jungbrunnen. Es hat einen Moment gedauert, bis ich es verstanden habe. Du kannst sicher sein, da war ich ganz schön aufgeregt! Überraschenderweise fand ich ihn jedoch im Inneren anstelle von im Äußeren. Alle eingangs beschriebenen Methoden sind so völlig nutzlos. Das Besondere dabei ist nämlich, dass er von innen nach außen wirkt. Das erinnert mich an meine Podcast-Folge „Wie Außen so Innen – wie Innen so Außen“.

Was ist ein Jungbrunnen?

Gerne lasse ich Dich an meinem besonderen Fund teilhaben und beschreibe Dir meine Erkenntnisse zum Jungbrunnen. Was ist denn ein Jungbrunnen überhaupt? Er ist die Quelle der ewigen Jugend vielleicht sogar des ewigen Lebens. Manche Städte rühmen sich, einen Jungbrunnen zu haben. Es sind jedoch die Einstellungen, Verhaltensweisen und Erlebnisse die Menschen sich jung fühlen lassen. Also wieder alles von innen. Der klassische äußere Jungbrunnen, der versteckt in einem magischen Wald steht, mag auch existieren. Jedoch finden auch ihn nur ganz, ganz wenige Menschen. Wenn sie ihn denn finden, funktioniert er auch und löscht dabei jedoch die Erinnerung an den Ort im magischen Wald. So bleibt dieses geheime Wissen geheim und gelegentlichen Findern überlassen.

Da hast Du es mit meinem Jungbrunnen leichter. Du musst nur eben diesen Button drücken, dann bezahlen und die 42 Punkte zwingend jeden Morgen um 6:13 Uhr in der Reihenfolge… Nein, Spaß. Dieser Jungbrunnen steht Dir immer einfach so zur Verfügung, ganz unabhängig von allem Äußeren.

Dein Jungbrunnen wird bestimmt durch Deine Bewusstheit, Deine Kreativität, Deine Neugier auf Neues und Deine Offenheit. Du magst nun enttäuscht sein, dass es so simple Dinge sind. Jedoch sind es so oft die einfachen und kleinen Dinge, die mit großer Wirkung den wahren Unterschied machen. Die Begeisterung dafür, Wunder in den Kleinigkeiten und im Augenblick zu sehen, gehört für mich auch dazu.

Dinge anders machen, statt in der Gewohnheit zu verharren

Es geht auch darum, Dinge anders zu machen. Gewohnheiten bestimmen unseren Alltag. Unser Leben im Alltag läuft zu großen Teilen unterbewusst ab. Während Du Deine Jacke anziehst, kannst Du Dich unterhalten. Sogar bei einer so komplizierten Tätigkeit wie die Schnürsenkel am Schuh zu binden kannst Du tiefgründige Dialoge führen. Vom Ablauf her noch komplizierter ist es zu gehen. Deinen Körper bei jedem Schritt im Gleichgewicht zu halten. Dennoch kannst Du dabei noch Dinge balancieren und reden. Die Gewohnheiten nehmen Dir viel Denkarbeit ab und machen Dein Leben – so wie Du es lebst – erst möglich. So nützlich sie sind, so schädlich können sie jedoch auch sein. Wenn Du immer alles gleich denkst, gleich bewertest und gleich machst, dann wirst Du auch immer nur das Gleiche erleben. Zudem passt sich Dein Gehirn an und verkümmert in den Bereichen, die für Neues zuständig sind. Da funktioniert unser Gehirn wie ein Muskel: Use it or loose it. Wenn Du nun denkst, ich trainiere mein Gehirn doch fleißig, da ich jeden Tag Wordle oder Sudoku spiele, dann wird auch das nur zur Gewohnheit. Du entwickelst anfangs Strategien, die Dich fordern. Nach einiger Zeit hast Du Routine, Du bist geübt und Dein Gehirn hat weniger zu tun. Hilfreicher ist da, etwas Neues auszuprobieren: Denk Dir selbst ein Spiel aus. Baue es in Excel und spiele es. Passe es an und spiele es.

Das ist eben so im Alter, ja wirklich?

Vor kurzer Zeit sprach ich mit einem Bekannten über seine Oma Erna. Sie wohnt alleine und für sie ist es ganz wichtig, dass alles immer gleichbleibt. Ihr Schuh muss am bekannten Fleck stehen, das Essen muss gleich schmecken. Sie muss zur immer gleichen Zeit essen. Alle Veränderungen lehnt sie kategorisch ab. Erna möchte am liebsten alles festhalten. Was denkst Du, was ihr Gehirn daraus macht? Es baut ab. Use it or loose it. Erna baut dann ebenfalls ab und der beschriebene Effekt verstärkt sich. Die Gesellschaft denkt sich dann Namen für diesen Zustand aus und geht davon aus, dass das eben so ist im Alter.

Doch es geht auch anders. Friedrich hat das gleiche Alter wie Erna. Friedrich lebt ebenfalls alleine. Er hat einen wachen Blick mit sanften Zügen in seinem etwas rundlichen Gesicht. Besuchern bietet Friedrich den Platz mit dem Blick in seinen blühenden Garten an. Es ist sonst sein bevorzugter Platz, dennoch ist er da offen und kann auch woanders schön sitzen. Es ist das Gegenteil von Festhalten, was Menschen beim Kontakt mit Friedrich erfahren. Darauf angesprochen lächelt er verschmitzt: „Neues ist meine Passion. Ich bin sehr interessiert an allem Neuen. Deshalb freue ich mich auch sehr über unseren Austausch.“ Friedrich mag es, neue Sichtweisen kennenzulernen. Für ihn ist immer etwas dabei, das ihn inspiriert. Bei ihm spürt jeder die pure Lust auf das Leben. Und diese pure Lust auf das Leben kann ihm keiner nehmen. Friedrich ist neugierig auf jeden neuen Augenblick.

Verlasse Deine Gewohnheiten und probiere Neues aus

Zurück zu den Gewohnheiten, den Routinen und den Mustern. Wenn Du einige von ihnen änderst, wird Dein Leben abwechslungsreicher und aufregend neu. In meiner Imagination gibt es jeden Augenblick eine Vielzahl an Türen, die mir offenstehen. Wenn ich jedoch immer das Gleiche denke und tue, dann gehe ich an diesen Türen vorbei. Ich übersehe sie schlicht. Jede dieser Türen hat eine individuelle Schwingung und diese muss zu meiner eigenen Schwingung passen. Sobald ich beginne mich zu öffnen, passe ich meine Schwingung an. Nun beginne ich die Türen zu sehen und wahrzunehmen. Mein Bauchgefühl leitet mich und so kommt eine Tür nach der anderen.

Wie kannst auch Du den Jungbrunnen von Friedrich für Dich entdecken?

Dazu habe ich Dir einige Fragen zu Tätigkeiten aus dem Alltag mitgebracht, die Du Dir gerne spontan beantworten kannst:

  • An welchem Fuß ziehst Du Dir den ersten Socken an?
  • Mit welcher Hand hältst Du beim Zähneputzen die Zahnbürste?
  • Wie herum rührst Du Deinen Kaffee um, falls Du welchen trinkst?
  • Mit welcher Hand hältst Du Dein Glas zum Trinken?
  • Mit welchem Fuß ziehst Du zuerst Deine Schuhe an?
  • Welcher Arm taucht zuerst in Deinen Jackenärmel ein?

Wechsel die Seite und staune über diese Erfahrungen

Hier kommt meine Inspiration, falls Deine Antwort jeweils nur einseitig war: Wechsel die Seite! Das ist am Anfang sowas von schräg bis es bald ebenfalls zur Gewohnheit wird. Dann wird es wiederum Zeit für Neues! Wie macht Friedrich das denn? Über den Seitenwechsel kann Friedrich nur milde lächeln, das hat er natürlich schon lange durch. Friedrich ist zweiseitig fit. Zudem hat Friedrich die Podcast Folge 47 Gamechanger Annehmen und Loslassen oder Dein Weg zur Erleuchtung gehört und dort das Hobby des Monats für sich entdeckt. Aktuell lernt er Teller drehen wie im Zirkus. Das macht ihm großen Spaß. Manchmal nimmt er ein Video seiner neuen Künste auf und staunt dabei wie ein Kind über sich selbst.

Gerne schaue ich auch auf die Sprache. Die Verwendung des Worts „immer“ deutet darauf hin, dass hier eine Gewohnheit aktiv ist. Als Beispiel: Ich nehme meinen Hamburger immer ohne Gurke. Versuche mal einen Hamburger mit Gurke. Ich fahre immer diesen Weg zur Arbeit. Teste einen anderen Weg zu Deiner Arbeit und sei erstaunt, wenn dieser schneller oder schöner ist. Vielleicht machst Du auf dem anderen Weg auch eine Entdeckung, die Dich freut oder Dich weiterbringt. Öffne Dich für Veränderung. Dein ganzes Leben ist Veränderung und festhalten ist eine schlechte Wahl, wie uns schon Erna zeigte. Bestelle auch mal was anderes im Restaurant oder probiere ein anderes Restaurant. Das Risiko ist glücklicherweise überschaubar. Du kannst dadurch nur gewinnen.

Werdet wir die Kinder

Kurz vor Schluss noch ein Ausflug in das Reich der Kinder. Sie lieben Buntes, fragen und hinterfragen alles, sie staunen über Kleinigkeiten, sie sind offen gegenüber anderen Menschen, sie verleihen den Dingen leben und sie kennen nur ein Leben im Hier und Jetzt. Sie sind die wahren Vorbilder beim Jungbleiben. Wenn Du ihnen sagst, in drei Monaten passiert das und das, dann fehlt ihnen diese Dimension. Etwas später sagen sie dann zu in drei Monaten morgen. Der einzige Unterschied ist, dass es abweichend von Jetzt ist. Das ist alles, was sie kennen. Frag sie mal nach Sorgen. Dann fragen sie Dich: Was ist das? Frag sie mal nach Angst. Dann fragen Sie Dich: Was ist das? Frag sie mal nach verpassten Gelegenheiten: Dann fragen Sie Dich: Was ist das? Frag sie mal was bereuen bedeutet. Dann fragen Sie Dich: Was ist das? Frage sie mal nach Lampenfieber. Dann fragen sie Dich: Was ist das? Je mehr dieser dämlichen Fragen Du ihnen stellst, desto komischer werden sie Dich finden. Das sind alles nur Konzepte, die sie nach und nach von den Erwachsenen lernen.

Der Zirkus der Freude von und mit Kindern

Vor einigen Tagen war ich in einem Zirkus, in dem nur Kinder aus der Grundschule die Stars waren. Da war pure und authentische Freude zu spüren! Künstliches Dauergrinsen fehlte hier gänzlich. Dafür waren sie mit absoluter Freude bei der Sache. Sie hatten die Zeit ihres Lebens, so wie immer bei Kindern, die tun, was ihnen Spaß macht. Das war die beste Zirkusvorstellung, die ich je gesehen habe. Eine Mutter meinte später zu mir, dass ein Junge ja seinen Text vergessen habe, den er eine Woche lange geübt habe. So sehen es die Erwachsenen. Kinder sehen nur die Freude und das macht für mich mehr Sinn. Willst Du Perfektion oder willst Du authentische, pure Freude? Willst Du den Jungbrunnen? Dann werde wie die Kinder. Wir lernen von ihnen, bevor wir sie verderben mit unseren beschränkten Vorstellungen dieser Welt und unseren Bewertungen. Sie kennen nur das Hier und Jetzt. Später will jeder von uns wieder da hin. Manche nennen es Erleuchtung. Es war schon immer da und ist auch noch immer da, nur verschüttet unter Konzepten und Vorstellungen.

Dein Jungbrunnen ist bereit für Dich

Beginne heute mit Deinem Jungbrunnen! Sei kreativ, improvisiere, hinterfrage Bestehendes. Sei offen, verändere Dich. Nimm mehr wahr, erlebe mehr, erfahre mehr, nimm mit all Deinen Sinnen das Leben wahr. Mach jetzt mal ganz viel anders und staune über Dein buntes Leben! Doch eine neue Gewohnheit kannst Du Dir gönnen, nämlich: Höre Dir diese Folge gerne einmal im Monat zur Erinnerung an.

Und was ist mit Friedrich? Nun, Friedrich kann nur milde lächeln ob dieser Empfehlungen. Magst Du auch ein Friedrich werden oder lieber eine Friederike?